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Samhain-die Nacht der Toten. FF-Wettbewerb Katha
in FanFiction 31.12.2011 18:46von evanescence • 21 Beiträge
Samhain – die Nacht der Toten
Elisabeth schlenderte die von den Fuhrwerken ausgefahrene Straße entlang. Am Vortag hatte es geregnet, und so verfing sich immer mehr des noch nassen Lehms an ihren Schuhen und dem Saum ihres Kleides.
Der kalte Oktoberwind zerrte an ihrem Haar und zupfte kleine Strähnen aus dem dünnen Lederband heraus, das den Zopf zusammenhielt.
Sie setzte ihren Weidenkorb ab und band sich das braune Tuch, welches auf ihren Schultern lag um den Kopf und stopfte die störrisch in ihrem Gesicht tanzenden Haare darunter.
Hinter sich hörte sie das Traben eines Pferdes und Geklirre von Ketten eines Wagens. Sie nahm den Korb auf und drehte sich um.
Über dem Hügel sah sie den Einspänner ihres Nachbarn, Herrn Jansson, heranfahren. Der Atem des Pferdes formte kleine Wölkchen, die der Wind davonblies.
“Elisabeth, Kind, bei einem solchen Wetter sind Sie zu Fuß unterwegs?“ Er stoppte seinen Wagen neben ihr und das große Kaltblut schnaubte laut aus.
“Guten Tag, Herr Jansson. Ja, Vater brauchte das Pferd, er ist in die Stadt geritten und Mutter benötigt noch einiges vom Markt.“ “Kommen Sie meine Liebe, ich nehme Sie bis zum Marktplatz mit.“, er reichte ihr seine Hand, die sie dankbar ergriff und sich auf den Kutschbock helfen ließ.
Jansson schnalzte mit der Zunge und der Wagen rumpelte den Weg ins Dorf hinunter. “In zwei Tagen ist Allerheiligen“, sagte er, “und der neue Pfarrer ist immer noch nicht angekommen. Wenn er es nicht schafft, wird der Gottesdienst womöglich ausfallen in diesem Jahr, nicht wahr?“
Elisabeth nickte stumm. “Wissen Sie, ich kann Sie auf dem Rückweg wieder mitnehmen, wenn Sie wollen. Ich muß nur hinunter zum Stellmacher, es dauert nicht lange“, er lächelte das Mädchen warmherzig an, “oder mögen Sie mich begleiten?“
Elisabeth erschrak kurz. Bei dem Gedanken Herrn Jansson zu begleiten, fing ihr Bauch zu kribbeln an.
Er schien ihre Aufregung zu bemerken: “Ja. Heinrich ist dort. Er ist gekommen um seinen Vater zu besuchen. Wollen wir? Wenn Sie es nicht möchten werde ich Ihren Eltern nichts sagen.“
“Ja, sehr gern.“, flüsterte sie.
Ihre Liebe zu Heinrich ließ sie das Gefühl, etwas verbotenes zu tun, vergessen.
Ihr Vater mochte den Jungen des Stellmachers nicht, der im letzten Frühjahr auf dem Maifest die Bekanntschaft seiner Tochter machte. “Elisabeth“, hatte er gemahnt, “dieser Bengel ist nichts für dich. Schlag ihn dir aus dem Kopf! Er ist in die Stadt gegangen, um bei so einem Bücherwurm in die Lehre zu gehen. Er hat unserem Dorf den Rücken gekehrt. Wenn du schon ans Heiraten denkst, mein Kind, dann nimm dir einen ordentlichen Burschen, der etwas von der Landwirtschaft versteht und seine Familie versorgen kann. Es gibt genug gute Männer hier.“
Jansson hielt sein Pferd vor der Werkstatt des Stellmachers an und stieg vom Wagen. “Kommen Sie, Elisabeth, ich helfe Ihnen herunter.“
Zurückhaltend folgte das Mädchen dem kräftigen Mann in das kleine Gebäude aus Holz.
Ringsum säumten große Regale und Arbeitsflächen mit Werkzeugen die Wände. In der Mitte, an einer Feuerstelle saß ein Mann auf einem Hocker, damit beschäftigt ein Stück seines Werkstoffes zu bearbeiten.
“Na, da schau einer! Jansson, wen bringst du da mit? Guten Tag junges Fräulein!“ Der Mann erhob sich und begrüßte Elisabeth mit einem Kopfnicken. Er grinste über das ganze Gesicht, drehte den Kopf nach hinten und rief in Richtung einer halb geöffneten Tür: “Heinrich, hier ist Besuch für dich Junge!“
Dann klopfte er den Holzstaub, der an seinen Händen haftete an seiner Lederschürze ab, ging ihr entgegen und reichte ihr die Hand.
“Guten Tag Herr Wegener.“ Sein fester Händedruck ließ Elisabeths Angst verschwinden, sie fühlte sich willkommen.
“Lisa!“ Die hintere Tür schwang auf und Heinrich kam herein. “Wie ich mich freue!“ Er umarmte sie herzlich, entschuldigte sich bei den beiden Männern und zog sie nach draußen, wo er Elisabeth einlud sich mit ihm eine Weile hinter die Hütte auf einem der Holzstapel zu setzten.
Eine ganze Weile unterhielten sich die beiden. Heinrich erzählte von der großen Stadt und seiner Arbeit in dem Lektorat.
Dann wurde er ernst. “Lisa, du weißt, was ich für dich empfinde und wenn du das gleiche fühlst...“ “Ja, das tue ich.“ Sie schloß die Augen und genoß den noch zögerlichen Kuß.
“Wärst du bereit mit mir zu gehen? Ich verdiene nicht schlecht und...“
“Ja, Heinrich.“
Aufgeregt sprang er von dem Balken. “Wirklich? Lisa, du ahnst nicht, wie glücklich du mich machst! Ich werde bei deinem Vater um deine Hand anhalten. Ich weiß, er mag mich nicht sonderlich, doch ich werde ihn überzeugen, bestimmt. Wann, meinst du, ist der beste Zeitpunkt?“
“Vater ist in der Stadt. Er wird erst morgen zurück sein.“ “Gut“, sagte Heinrich mit fester Stimme, “dann komme ich nach dem Abendessen. Hab keine Angst, wir schaffen das schon.“
Jansson setzte das Mädchen vor dem Hof ihrer Eltern ab. Er hatte sie zuerst zum Markt und nun nach Hause gefahren.
“Du kommst früh.“, begrüßte ihre Mutter sie, “hast du alles bekommen?“ “Herr Jansson hat mich mitgenommen. Ja, es ist alles da, und ich habe noch etwas Kaffee gekauft, bitte sei nicht böse, aber Vater mag ihn doch so gern.“ “Kaffee? Güte, Kind! Wieviel hat er gekostet?“
Errötend blickte Elisabeth ihre Mutter an und zog das kleine Päckchen aus dem Korb: “Heinrich gab mir das Geld dafür.“
“So.“, die Frau lächelte ihre Tochter an, “Heinrich also.“
In der Nacht konnte Elisabeth nicht recht in den Schlaf finden. Morgen würde ihr Vater heimkehren und sie wollte ihn auf den Besuch von Heinrich am Abend vorbereiten, ohne ihn zornig zu stimmen.
Sie konnte sich der Unterstützung ihrer Mutter sicher sein, doch würde es trotzdem schwierig genug werden ihn von ihrem Glück zu überzeugen.
Nach dem Mittagessen nahm sie all ihren Mut zusammen, reichte ihrer Mutter den letzten gespülten Teller, trocknete ihre Hände und warf das Handtuch über ihre Schulter. “Vater?“, mit leiser Stimme ging sie hinüber zum Tisch, an dem sich der bärenhafte Mann gerade seine Pfeife stopfte, “Vater, ich möchte mit dir reden.“
“Was gibt es, Kind?“ Liebevoll schaute ihr das bärtige Gesicht entgegen.
“Ich...ehm, wäre es dir recht, wenn heute Abend jemand zu Besuch käme?“ “Heute abend? Ach Elisabeth, du weißt doch, morgen ist Allerheiligen, wir wollen nicht zu lang aufbleiben. Du weißt, was geschehen kann, ich habe es dir erklärt.“ “Ja Vater, aber ich glaube nicht daran. Es wird sicher nicht lange dauern.“
“Gut, aber bei Einbruch der Dunkelheit muß dein Besuch sich wieder auf den Weg machen. Wer ist es denn?“
Mit einem Kloß im Hals brachte sie hervor: “Es ist Heinrich, er möchte...“
“Heinrich?“, erbost stand ihr Vater auf und kippte dabei beinahe den Stuhl um, “Dieser Taugenichts? Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt? Ich möchte diesen Menschen hier nicht sehen! Und gerade heute nicht. Elisabeth, ich schäme mich für dich! Gerade du weißt, was mir dieser Abend jedes Jahr bedeutet. Wir ehren deinen Bruder! Und wir ehren deine Großeltern, morgen ist Allerheiligen, heute Nacht ist die Nacht der Verstorbenen! Wie kannst du nur...!“
“Aham, beruhige dich.“, versuchte ihre Mutter zu beschwichtigen. “Ach sei still, Frau!“ Wutschnaubend verließ der Mann das Haus und ging zu den Ställen hinüber.
Mit Tränen in den Augen wandte sich Elisabeth ihrer Mutter zu. “Glaubt er wirklich noch an dieses alte Märchen?“
“Nimm ihm seine Hoffnung nicht, mein Schatz. Georg war sein ein und alles, er hatte immer gehofft, sein Sohn werde eines Tages seinen Hof übernehmen und sein Lebenswerk weiterführen, das weißt du. Und seitdem ihm dieser Müller, Herr Bergmann, ihm vor drei Jahren erzählt hatte in der Nacht zu Allerheiligen löse sich die Wand zwischen der Welt der Toten und die der Lebenden einmal kurz auf, hofft er inständig Georg noch einmal zu sehen. Er hat ihn sehr geliebt, genau wie dich. Im Grunde weiß er, dass es nicht geschehen kann, doch auch heute abend soll ich wieder ein Gedeck mehr auf den Tisch legen.“
“Ja. So wie jedes Jahr. Doch wozu soll das gut sein? Will er seinen Schmerz noch größer machen?“ Wut kam in Elisabeth auf, konnte sie dieses irrationale Verhalten ihres Vaters nicht verstehen.
“Nein.“, antwortete Ihre Mutter, “er hat es mir gestern erzählt, alles. Nun weiß ich auch, warum er an diesem Abend darauf besteht, dass wir alle so früh zu Bett gehen sollen. Dieser Bergmann sagte ihm, in dieser Nacht, der Nacht zu Allerheiligen, ende nach Einbruch der Dunkelheit, der Sage nach, das alte Jahr, und morgen früh bei Sonnenaufgang beginne das neue. Die Nacht dazwischen, also heute Nacht, bilde einen freien Raum, in dem es den Verstorbenen möglich sei, an den Ort ihres früheren Lebens zurückzukehren. Man dürfe jedoch nicht mit den Toten zusammentreffen, sonst könne es geschehen, dass man in ihre Welt übergeht. Also müssen wir uns früh zu Bett begeben. Doch Vater möchte Georg zeigen, dass er ihn liebt und er willkommen ist. Du weißt, er konnte es ihm nie sagen, als er noch lebte. So decke ich für Georg seinen alten Platz.“
Ungläubig starrte Elisabeth ihre Mutter an. “Möchte Vater um Verzeihung bitten? Er hat doch alles getan für ihn, als die Lungenentzündung...! Ich habe Georg auch geliebt und auch er wußte, dass ihr ihn liebt, wozu also all dies?“
Noch bevor ihre Mutter antworten konnte, trat Aham wieder ein. “Paula, läßt du mich kurz allein mit unserer Tochter?“
Seine Frau nickte, zwinkerte Elisabeth zu und ging hinaus.
Ihr Vater nahm ihre Hände in seine: “Es tut mir leid. Du bist nun mein einziges Kind und ich gebe zu, ich wollte dich nie gehen lassen. Wenn dieser Heinrich nun aber...“, er seufzte kurz auf, “laß ihn herkommen, deinen Besuch.“
Für kurze Zeit wurde es leicht um Elisabeths Herz, doch dann schaute sie ihrem Vater in die Augen und sah etwas fremdes, einen Ausdruck, den sie zuvor noch nie in seinem Gesicht wahrgenommen hatte.
Die Familie saß noch bei Tisch, als es an der Tür klopfte. Aham stand auf und öffnete. Draußen begann es bereits zu dämmern.
“Guten Abend, Herr Elbers.“ Höflich nahm der junge Mann seinen Hut ab. “Guten Abend, Heinrich. Bitte, treten Sie doch ein.“ Aham trat einen Schritt zur Seite und wies seinem Gast mit einer Armbewegung den Weg in die Küche. Dann schloß er die Tür und folgte ihm.
“Nehmen Sie doch Platz, junger Freund, sind Sie hungrig? Paula, bringe noch ein Gedeck für unseren Gast.“
“Oh nein, bitte, ich möchte keine Umstände machen.“ Erstaunt über die freundliche Begrüßung kam Heinrich fast ins Stottern.
“Sorgen Sie sich nicht, das tun Sie nicht!“, entgegnete ihm Aham, “Möchten Sie auch eine Tasse Kaffee? Elisabeth hat ihn gerade frisch für mich gebrüht.“
Er füllte zwei Tassen mit dem heißen Getränk und wandte sich seiner Frau zu: “Paula, ich möchte, dass du und Elisabeth nun zu Bett geht. Laßt uns allein, ich denke mein Freund hier und ich haben etwas zu besprechen.“
Enttäuscht folgte Elisabeth ihrer Mutter ohne Widerrede nach oben, aus Angst, ihr Vater könne in Zorn geraten und es sich anders überlegen, winkte ihrem Heinrich aber verstohlen noch kurz zu.
“Herr Elbers, ich..., ich möchte Sie nicht lange aufhalten, und gleich mein Anliegen vorbringen.“ “Ja?“ Aham blickte ihn nicht an, sondern sah seinem Kaffee zu, wie er sich unter dem Rühren mit dem kleinen Löffel munter in der Tasse drehte.
“Sie wissen, ich arbeite seit einiger Zeit in der Stadt. Ich verdiene recht ordentlich und habe bereits eine Anzahlung auf ein Häuschen gemacht. Es ist nicht so groß wie das ihre, aber recht neu und solide gebaut. Ein eigenes Pferd und einen Wagen besitze ich ebenso. Vielleicht wissen Sie, worauf ich hinaus möchte.“
“Ich kann es mir denken, Heinrich. Bitte fahren Sie fort.“
“Herr Elbers, ich liebe ihre Tochter“, Heinrich schluckte und nahm seinen Mut zusammen, “und möchte Sie hiermit um ihre Hand bitten.“
Nun war es heraus. Gespannt saß Heinrich an dem kleinen Tisch und wagte es nicht von seinem Kaffee zu trinken, könnte er eine falsche Bewegung machen, die Aham zu Grunde nähme ihn hinauszuwerfen.
Eine Weile, die dem jungen Mann wie eine Ewigkeit erschien herrschte Stille im Raum.
Es schien, als warte sein Gegenüber auf etwas, das jeden Moment passieren sollte.
“Also gut. Heinrich, ich bin einverstanden, nehmen Sie sie. Doch tun Sie mir den Gefallen, und leisten mir noch ein wenig Gesellschaft. Erzählen Sie von sich.“
Ein Stein viel dem jungen Mann vom Herzen. Er bedankte sich herzlich und nahm das Angebot noch zu bleiben an.
Elisabeth konnte nicht einschlafen. Die Aufregung ließ sie frieren, oder war die Nacht so furchtbar kalt?
Wie gerne wäre sie nach unten in die Küche gelaufen, um zu hören, was ihr Vater geantwortet hatte. Sie beschloß ein wenig zu lesen.
In der Dunkelheit suchte sie nach den Zündhölzern um ihre Lampe anzuzünden. Gerade tastete sie auf dem Nachttischchen nach ihnen, als sie ein merkwürdiges Surren zu vernehmen schien.
Was mochte das sein? Angestrengt lauschte sie in die Nacht hinein. Das Geräusch kam eindeutig von unten und es wurde lauter.
Neugierig stand sie auf und öffnete ihre Tür.
Ein grünliches Licht erhellte den Flur. Angsterfüllt ging sie zum Treppenabsatz, etwas in ihr drängte sie, zurück in ihr Zimmer zu gehen und die Tür zu verschließen, doch die Neugierde war stärker.
Die Kälte des Holzbodens unter ihren Füßen kroch hinauf bis zu ihren Knien. Es schien, als stünde sie auf Eis.
Mit der linken Hand hielt sie sich am Treppengeländer fest, mit der rechten tastete sie an der Wand entlang und nahm die erste Stufe hinunter.
“Haha, ich wußte es, ich wußte es!“ Die kreischende Stimme ihres Vaters hallte durch das Haus. “Sie bekommen sie nicht! Sie nehmen mir nicht mein Kind!“
Erschrocken rannte Elisabeth nun die Treppe hinab und wollte in die Küche laufen. Doch was sie sah, ließ sie wie angewurzelt in der Tür stehenbleiben.
Wild lachend stand ihr Vater inmitten des Raumes und schlug sich immer wieder auf die Beine. Das gesamte Zimmer leuchtete in hellem Grün, ein ebensolcher Nebel hing in der Luft und ließ sie kaum bis an die hintere Wand sehen, wo Heinrich dicht an ihr gedrängt mit ängstlich aufgerissenen Augen nach Atem rang.
In seiner linken Schulter steckte etwas, und als er sich bewegte, blitzte es im Schein der Kerzen kurz auf.
Es war ein Messer! Plötzlich hielt Aham in seinen wilden Bewegungen inne, und öffnete seine Arme, als wolle er jemanden begrüßen: “Georg, mein Sohn!“
Elisabeth folgte dem Blick ihres Vaters und erschrak.
In der Ecke hinter der Tür, ganz nah bei ihr stand jemand. Sie konnte ihn nicht erkennen, doch dann bewegte sich die Gestalt und machte einen Schritt auf Aham zu.
Elisabeth wich zurück und stieß plötzlich gegen etwas. Hinter ihr stand ihre Mutter, Augen und Mund vor Schrecken weit offen. Sie hielt einen Leuchter in der Hand, deren Kerze aber nicht mehr brannte.
“Ge..eorg?“, stotterte sie.
Elisabeth sah wieder in die Küche hinein. Die Gestalt stand ihr nun direkt gegenüber, hatte wohl die Stimme Elisabeths Mutter wahrgenommen und wandte den Kopf.
Elisabeth wollte schreien, doch sie brachte keinen Laut hervor.
Ein dunkler Schädel grinste sie an. Aus den Augenhöhlen stach ein grünes Licht heraus und als die Zähne dieses Wesens sich auseinandertaten, als wolle es sprechen, schlug ihr ein ekelerregender Hauch entgegen. Der Geruch von verwesendem Fleisch streifte ihr Gesicht.
Als die Gestalt ihrem Arm hob, stieß Elisabeth ihre Mutter zurück zur Treppe: “Nein!“
Sie hatte ihn erkannt, erkannt an den schwarzen Fetzen, die von dem knöchernen Arm herabhingen, erkannt an dem Manschettenknopf, dem sie ihrem Bruder zu seinem sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte und der noch an einem Stück des schwarzen Stoffes baumelte.
Das, was von ihrem Bruder geblieben war nahm den Arm herunter und ging weiter auf Aham zu.
Elisabeth lief zurück, um wieder einen Einblick in die Küche zu bekommen. An der Tür stehenbleibend winkte sie hinein: “Heinrich, komm, komm daraus!“
Der junge Mann hatte es über sich gebracht, sich das Messer aus der Schulter zu ziehen. Mit schmerzerfülltem Gesicht drückte er sich an der Wand entlang um diesem Grauen zu entkommen.
Aham wirbelte herum: “Du bleibst hier, mein Junge! Ich möchte dich meinem Sohn vorstellen!“ Sein irres Lachen schmerzte in Elisabeths Ohren.
Aham hatte nach Heinrich gegriffen, erwischte seine Hand und zog ihn zu sich. “Sieh Heinrich, das ist mein Sohn, ihr beide werdet euch gut verstehen!“
Heinrich krümmte und wand sich, um sich aus dem harten Griff Ahams zu befreien.
Die beiden Männer begannen zu kämpfen und das Messer, welches Heinrich bisher noch umklammert hielt, viel zu Boden.
Aham griff danach, doch es gelang Heinrich es mit dem Fuß wegzustoßen.
In diesem Augenblick war er der Gestalt, die nun in der Mitte des Raumes zu warten schien beängstigend nahe gekommen.
Eisige Kälte zog wie ein stechender Schmerz durch sein Bein. Der grüne Nebel schien sich zu verdichten, Elisabeth konnte die beiden Männer kaum noch erkennen.
Heinrichs Wunde blutete stark, die Anstrengung und die Angst ließen sein Herz rasen. Für einen kurzen Moment wurde ihm schwarz vor Augen und er geriet ins Taumeln.
“Heinrich!“
Elisabeth schrie aus Leibeskräften.
Heinrich rappelte sich auf und stieß mit aller Kraft gegen seinen Kontrahenten. Aham verlor den Halt und kippte rücklings ins Dunkel.
Elisabeth vernahm einen dumpfen Aufschlag und sah, wie das Wesen, noch in der Mitte des Raumes stehend, die Arme hob, seinen Kopf zurücklegte und den Unterkiefer nach unten klappte.
Ein markerschütternder heller Schrei ließ Geschirr und Fensterscheiben erzittern und ging dann in eine Art helles Lachen über.
Das grüne Leuchten wurde so hell, dass Elisabeth die Augen zukneifen mußte, mit den Händen hielt sie sich die Ohren zu und trat einen Schritt in den Flur zurück.
Heinrich ließ sich gegen die Wand fallen und kroch an ihr entlang bis zur Tür. Plötzlich verstummte das Lachen, das helle Grün wurde dunkler und der Nebel löste sich langsam auf.
Die Arme dieses Wesens senkten sich und es war, als sähe es zum Tisch hinüber. Heinrich folgte mit seinem Blick jede Bewegung der dunklen Gestalt, die nun langsam auf Aham zuschritt.
Der alte Mann lag mit aufgerissenen Augen am Boden, sein Kopf merkwürdig angewinkelt schien der leere Blick Heinrich zu durchdringen.
Kurz vor ihm blieb es stehen, sah auf ihn hinab, beugte sich vor und berührte den Mann mit seiner knochigen Hand an dessen Stirn.
Helles Licht durchflutete für einen kurzen Moment den Raum. Dann war es dunkel, und still.
“Liebes, muß das wirklich sein?“ Heinrich sah seine Frau mit bettelnden Augen an. “Bitte, sei mir nicht böse, mein Herz, Vater soll wissen, dass ich ihm verziehen habe.“, antwortete die junge Frau und legte ein Gedeck mehr auf den Tisch.
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